Alkoholversand innerhalb der EU
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Wein, Branntwein, Schaumwein und der freie Warenverkehr
In Österreich, Frankreich, Dänemark und Schweden ist die ein oder andere bekannte deutsche Spirituose nicht im Handel erhältlich und wenn doch, dann oft erheblich teurer als bei CONALCO. Daher verwundert es nicht, dass wir regelmäßig Anfragen potentieller Kunden aus den angrenzenden EU-Nachbarländern bekommen. Mitunter beschweren sich einigermaßen erregte EU-Bürger darüber, dass Sie im Online-Shop ihr Land nicht auswählen konnten und möchten gerne wissen, warum wir den freien Warenverkehr in der EU nicht umsetzen. Eine durchaus berechtigte Frage, denn die Warenverkehrsfreiheit ist eine der vier Grundfreiheiten innerhalb der Europäischen Union.
Die Handelshemmnisse für Spirituosen in der EU
Grundsätzlich wurde diese Warenverkehrsfreiheit in mehreren Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) durchgesetzt. Das aus einem Urteil des EuGH abgeleitete Cassis-de-Dijon-Prinzip besagt, dass alle Produkte, die in einem EU-Mitgliedsstaat vorschriftsgemäß hergestellt wurden, in allen anderen Mitgliedstaaten verkauft werden dürfen. Unter anderem bei Spirituosen entsteht das Handelshemmnis durch die Erhebung nationaler Verbrauchsteuern. Dabei sind die Erhebungsverfahren und die Höhe der Verbrauchsteuer national höchst unterschiedlich.
Die Lenkungswirkung der Verbrauchsteuer
Wenn vor dem Aldi, Lidl oder einem anderen günstigen Discounter ein skandinavischer Reisebus steht, dann trifft man im Laden auf eine Menschentraube vor dem Spirituosenregal. Die Situation ruft erst einmal Befremden über das Verhalten der Dänen und Schweden hervor. Vielleicht muss man sich bei den langen nordischen Nächten durch den Genuss von Schnaps vor Depressionen schützen. Aber natürlich hat das Verhalten auch ganz einfache monetäre Gründe. In den skandinavischen Ländern sind alkoholische Getränke einfach viel teurer als in Deutschland. Das liegt hauptsächlich an den Verbrauchsteuern, welche für Spirituosen in Skandinavien viel höher sind. Für die 0,7 Liter Flasche Weinbrand mit 40% vol. Alkoholgehalt sind in Deutschland 3,65 Euro Branntweinsteuer fällig. In Dänemark sind hierfür 5,66 Euro zu entrichten und in Schweden werden Sie mit 15,41 Euro, nun sagen wir mal salopp, geschröpft.[1] So führt die Lenkungswirkung der Verbrauchsteuer unweigerlich dazu, dass der schwedische Busfahrer sein Vehikel auf den Aldi-Parkplatz lenkt.
Ursprungslandprinzip im privaten Reiseverkehr – Bestimmungslandprinzip im gewerblichen Handel
Für den skandinavischen Touristen ist es also kein Problem, wenn er Spirituosen im Auto oder im Reisebus mit nach Hause nimmt, sofern er sich an die national unterschiedlichen Freigrenzen hält. Im privaten Reiseverkehr wird das sogenannte Ursprungslandprinzip angewandt. Das heißt, die Spirituosen unterliegen dort der Verbrauchsteuer, wo Sie der private Endverbraucher erwirbt. Übertragen auf den Online-Handel würde dieses Ursprungslandprinzip dazu führen, dass alle schwedischen Spirituosenliebhaber ihren Schnaps in ausländischen Online-Shops bestellen. Das eigentliche Ziel der schwedischen Verbrauchsteuer, nämlich die Reduzierung des Alkoholkonsums in Schweden, wäre damit verfehlt. Daher gilt für den gewerblichen Handel das Bestimmungslandprinzip. Wer also aus Erwerbszwecken Spirituosen verkauft, muss die Verbrauchsteuer im Bestimmungsland bezahlen. Der scheinbare Preisvorteil des skandinavischen Kunden ist damit schnell dahin.
Die hohen Hürden des Bestimmungslandprinzips und der Verbrauchsteuer
Wie es nicht anders zu erwarten ist, werden in jedem der 28 EU-Mitgliedstaaten Verbrauchsteuern auf unterschiedliche Produkte in unterschiedlicher Höhe und in einem unterschiedlichen Verfahren erhoben. Die Schaumweinsteuer, in Deutschland 1902 zur Finanzierung der kaiserlichen Marine eingeführt, beträgt in Deutschland bei einem Alkoholgehalt ab 6% vol. 1,02 Euro für eine 0,75 Liter Flasche. In Österreich wurde die Schaumweinsteuer am 1. April 2005 auf 0,00 Euro festgesetzt. Das bedeutet aber nicht, dass jetzt Sekt und Champagner einfach nach Österreich verschickt werden könnte. Denn die Bestimmungen in Bezug auf die Einfuhr nach dem österreichischen Schaumweinsteuergesetz sind trotzdem einzuhalten. Das heißt, beim österreichischen Zoll müsste der geplante Versand an einen Kunden in Österreich angemeldet werden. Abgesehen davon muss di Ausfuhr auch dem deutschen Zoll gemeldet werden. Diese Anmeldung ist mit einem äußerst komplexen Verfahren verbunden, welches den gewerblichen Versandhandel von Spirituosen an Endkunden innerhalb der EU wirtschaftlich uninteressant macht.
Rechtliche Grauzonen und Umgehungsstrategien
Das Thema Verbrauchsteuern ist äußerst komplex und bietet gleichzeitig die Chance auf einen hohen Arbitrage-Gewinn durch das Ausnutzen der Preisdifferenzen von Spirituosen auf den unterschiedlichen europäischen Märkten. Es darf niemanden wundern, dass sich in diesem Nebel aus Komplexität und hohen Gewinnchancen durch eine Vermischung von Unwissenheit und krimineller Energie eine rechtliche Grauzone und diverse Umgehungsstrategien entwickelt haben.
Das offene Werben mit dem EU-Versand
Es gibt zahlreiche europäische Anbieter von Online Shops, welche ganz offen mit dem EU-Versand von Spirituosen werben. Insbesondere bei E-Bay finden sich Anbieter, welche teilweise ihre Angebote gerne mit weltweitem Express-Versand verschicken. Grundsätzlich darf der private Endkunde darauf vertrauen, dass die ihm angebotenen Spirituosen nach dem Bestimmungslandprinzip durch den Anbieter versteuert worden sind. Doch allein die Tatsache, dass ein Online-Shop keinerlei Preisdifferenzen für Kunden aus unterschiedlichen EU-Staaten aufweist, muss einen stutzig machen. Denn die Differenz der Branntweinsteuer für einen deutschen und schwedischen Kunden aus dem oben genannten Beispiel in Höhe von 11,76 Euro für eine 0,7 Liter Flasche Weinbrand wird der Anbieter wohl kaum aus den (eventuell) höheren Versandkosten begleichen.
Eine Strategie zur Umgehung
Etwas geschickter sind Online-Händler, welche die Ware für die Abholung durch den Kunden bereitstellen. Der Kunde aus einem anderen EU-Land kann die Ware also käuflich beim deutschen Spirituosen-Händler erwerben, muss den Versand aber selbst und auf eigene Kosten organisieren. Grundsätzlich könnet dieses Verfahren wie ein Geschenk- oder Präsentpaket eingeordnet werden. Beim privaten Versand von Spirituosen gilt, im Rahmen der Freigrenzen, das Ursprungslandprinzip. Praktischerweise bietet der deutsche Online-Händler aber gleich eine Empfehlung oder einen Link für einen Lieferdienst an. Wer glaubt, dass dem deutschen Händler oder dem EU-Kunden die steuerliche Problematik in diesem Zusammenhang nicht bewusst ist, darf ohne Zweifel eine gewisse Naivität unterstellt werden. Es bleibt aber beim alten Spruch: „Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter.“
Was sagen wir also dem verärgerten Kunden?
Wer bis hierhin gelesen hat, hat sicherlich schon viel mehr Verständnis, wenn wir ohne einen ständigen Fiskalvertreter, der für uns vor Ort alle steuerlichen Hürden meistern kann, keinen Versand in das EU-Ausland an private Endkunden anbieten können. Gleichzeitig appellieren wir an alle privaten Spirituosenliebhaber, keinen Alkohol, Whisky, Rum oder Likör von Anbietern zu kaufen, welche die Vorschriften im Zusammenhang mit dem Verbrauchsteuerrecht nicht einhalten. Es ist Hanebüchen auf mutmaßliche oder rechtskräftig verurteilte Steuerhinterzieher mit dem Finger zu zeigen, wenn man sich gleichzeitig eine in Deutschland unversteuerte Spirituose über eBay oder über einen Online-Shop aus Spanien bestellt. Im Zweifel könnten die deutschen Finanzbehörden sich auf § 71 Abgabenordnung berufen: „Wer eine Steuerhinterziehung …begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern…“ und damit die entgangenen Steuern beim Endkunden eintreiben. Dies wird sich im Einzelfall für die Steuerbehörden freilich kaum lohnen. Wer alle Faktoren für einen zuverlässigen Spirituosen-Versand berücksichtigen möchte, sollte allein schon wegen möglicher Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seiner Verbraucherrechte einen Versandhändler aus seinem Heimatland wählen.
Und welchen Appell richten wir an die Politik?
Andererseits ist aber auch die Politik in Europa gefragt. Es ist nicht vermittelbar, dass aus Gründen des Verbraucherschutzes und der Gesundheitsprävention unterschiedliche Verbrauchsteuersätze in Europa gelten. Soll das etwa bedeuten, dass die schwedische Leber weniger Alkohol als eine griechische verträgt? Die einzigen glaubwürdigen Argumente sind fiskalpolitischer Natur und eine Lenkungswirkung, welche in einem harmonisierten EU-Markt aber immer leichter umschifft werden kann. Eine EU-weite Harmonisierung der Steuersätze auf verbrauchsteuerpflichtige Ware ist unumgänglich.
[1] Vgl. http://www.ostwestfalen.ihk.de/fileadmin/redakteure/recht/Steuern/Merkblaetter/Verbrauchsteuern.pdf, Stand September 2009, abgerufen am 13.11.2013.