Der französische Rum-Stil
Ist von Rum die Rede werden wohl die meisten an die Karibik denken. Und das zu gutem Recht, denn dort befindet sich die Wiege des Rums, von der er in die gesamte Welt gelangt ist und sich heute internationaler Bekanntheit freut. Kuba und Jamaika sind wahrscheinlich die für Rum bekanntesten Länder. Doch zu ihnen reihen sich eine Vielzahl weiterer Produktionsländer, deren Rum vielleicht nicht so bekannt ist wie z. B. Havanna oder Bacardi, aber ihnen dennoch in Sachen Qualität in Nichts nachsteht. Wie der Begriff schon vermuten lässt, hat sich der französische Stil auf den Inseln in der Karibik entwickelt, die noch heute zu den französischen Überseegebieten zählen (z. B. Martinique, Guadeloupe und Haiti). Doch wie kam es dazu, dass sich dieser Stil neben dem kubanischen und jamaikanischen Stil entwickelt hat und wodurch ist ein Rum im französischen Stil überhaupt gekennzeichnet?
Entwicklung des französischen Stils
Die Grundlage eines jeden Rums ist das Zuckerrohr. Dieses findet vor allem in der Karibik die besten klimatischen Bedingungen für ein optimales Wachstum. Als am Ende des 17. Jahrhunderts in Europa die Nachfrage nach Zucker um ein Vielfaches anstieg, schossen die Zuckerrohrplantagen auf den karibischen Inseln nur so aus der Erde. So schnell wie das Zuckerrohr seinen Aufschwung erfahren hat, so schnell war der Boom Mitte des 18. Jahrhunderts wieder beendet. Zu dieser Zeit wurde die Zuckerrübe entdeckt, die einerseits direkt in Europa angebaut werden konnte und andererseits im Vergleich zum Zuckerrohr den doppelten Gehalt an Zucker beinhaltet. Sank dadurch schon der Export von Zuckerrohr nach unten, wurde es durch die von Napoleon verhängte Kontinentalsperre (1807-1813) beinahe unbezahlbar das Zuckerrohr aus den karibischen Kolonien nach Europa zu importieren. Da dadurch die Zuckerproduktion rasant abnahm und deswegen ebenso keine Melasse – ein Nebenprodukt der Zuckergewinnung und die wichtigste Grundlage für Rum – mehr vorhanden war, wurden die französischen Kolonien in der Karibik kreativ und verwendeten für ihren Rum von nun an den frisch gepressten Zuckerrohrsaft. In Kombination mit dem Brennverfahren des Column-Still ergab sich daraus ein völlig neues Geschmackserlebnis und der französische Stil war geboren. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts feierte der Rum im französischen Stil von Martinique aus einen richtigen Boom, der durch die Lebrausplage in Frankreich noch größer ausfiel und wurde in alle Welt hinausgetragen.
Die Eigenschaften des französischen Rum-Stils
Die besonderen Merkmale eines Rums im französischen Stil gehen vor allem mit der Verwendung von Zuckerrohrsaft, an Stelle von Melasse, einher. Anders als Melasse muss der Saft spätestens 36 Stunden nach der Ernte aus dem Zuckerrohr gepresst und weiterverwendet werden, um keine Qualitätseinbußen zu erleiden. Dadurch sind Rums im französischen Stil durch einen leichten Körper sowie fruchtig-blumigen und zugleich kräftig-trockenen Geschmack gekennzeichnet. Die schwere Süße der Melasse lässt sich in so einem Rum auf jeden Fall nicht finden, sondern ist eher durch eine feine Schärfe definiert. Neben den geschmacklichen Eigenschaften grenzt sich der Rum im französischen Stil ebenso sprachlich von den Rums anderer Stile ab. So ist die Bezeichnung Rhum Agricole synonym für Rums im französischen Stil. Von den Produktionsorten gibt es bisher drei Länder (Martinique, Guadeloupe und La Réunion), die ihren Rum offiziell nach den strengen Richtlinien der sogenannten AOC-Vorschriften herstellen.