Die Problematik von Scotch Whisky ohne Altersangabe
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"Junger" Scotch Whisky
Eine ebenso häufig verbreitete wie falsche Aussage ist Whisky sei zwangsläufig besser je länger er in Fässern lagere.
Tatsächlich aber ist die Lagerzeit von Scotch Whisky oder Irish Whiskey kein zwangsläufiges Qualitätsmerkmal, sondern ist den strengen Regulationen geschuldet. Außer "Single Barrel" oder "Single Cask" Abfüllungen werden immer Whisky Abfüllungen unterschiedlicher Jahrgänge "verheiratet". Laut Gesetz bestimmt der jüngste Whisky bei einer Abfüllung das Altes, das auf dem Etikett angegeben werden muss, unabhängig von den anderen Anteilen.
Das bedeutet bei einem hypothetischen Single Malt, der zu 50 % aus 18-jährigen, 30 % aus 2-0jährigen und zu 15 % aus 30-jährigen Einzeldestillaten besteht aber nur 5 % 10 Jahre alten Scotch Whisky enthält, darf nur den jüngsten, 10-jährigen Scotch Whisky auf dem Etikett aufführen.
Eine Flasche Glenfarclas 21 YO Scotch Whisky. Die Brennerei aus der Speyside Region
hat ein breites Portfolio, das 8- bis 40-jährigen
Single Malt Whisky umfasst. (Bild: Flickr/pac 930)
Die Faszination mit älterem Scotch Whisky
Auf der anderen Seite bedeutet dieses Gesetz im Umkehrschluss, dass 40-jähriger Scotch Whisky als jüngste Abfüllung aus 40 Jahre gelagerten Fässern enthält und weitere bisweilen noch einmal deutlich älter sind.
Da sich älterer Whisky deutlich höherer Beliebtheit erfreut als jüngerer, besteht seit längerem die Befürchtung die alten Abfüllungen könnten knapp werden - ein unvorstellbares Szenario für die begeisterten Freunde von Scotch Whisky. Da oft auch jüngere Abfüllungen beim "verheiraten" zum Einsatz kommen und dementsprechend auf dem Etikett aufgeführt werden müssten, verzichten inzwischen viele Hersteller komplett auf die Altersangabe auf ihre Flaschen, da sie auf "5-jährigem" Single Malt wohlmöglich nur sitzen bleiben würden.
Die schottische Ardbeg Brennerei ist bekannt dafür einen Großteil ihrer Abfüllungen
mit kreativen Namen statt Altersangaben zu versehen. (Bild: Flickr/Göran Avidson)
Der Bedarf an Scotch Whisky steigt
2013 wurden zuletzt 864 Millionen Liter Scotch Whisky getrunken, insgesamt also mehr als 1,2 Milliarden 0,7 Liter Flaschen flüssigen Golds. Schottischer Whisky erfreut sich weiterhin wachsender Beliebtheit.
Eine im August durchgeführte Untersuchung ergab, dass von 548 Abfüllungen 84 relevanter Marken immer noch 314 Sorten Scotch Single Malt und Scotch Blended Whisky mit Altersangabe versehen sind, während 234 ohne Altersangabe auskommen.
So schwer es fällt die Qualität von Whisky festzumachen, so problematisch ist die aktuelle Situation für die schottischen Hersteller: während der Bedarf an 18 oder 25 Jahre alten Abfüllungen von ausgewähltem Scotch Whisky weiter steigt, kommen die Produzenten kaum nach diesen Bedarf zu decken.
Blended Scotch Whiskey: gegen den Trend
Die Ausnahme bilden hier Blended Scotch Whisky Abfüllungen: von 60 Abfüllungen der 17 relevantesten Marken haben nur 27 eine Altersangabe, während 33 ohne auskommen.
Während die Qualität von Blended Scotch oft rege diskutiert wird, beweisen sie in diesem Fall zumindest, dass sich zumindest im Bereich des Blended Scotch Whiskys auch ohne Altersangaben behauptet werden kann.
Monkey Shoulder - ein beliebter und geschätzter Produzent von Blended Scotch Whisky.
(Bild: Flickr/Craig Marren)
Scotch Whisky - neue Wege
Die jetzige Situation hat mehrere Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass sich Scotch Whisky inzwischen mit echten Herausforderungen auseinandersetzen muss: während schottischer Whiskey mindestens 3 Jahre und einen Tag auf schottischem Boden lagern muss, bevor er verkauft werden darf, würde keiner der "Prestigetrinker" jemals 3-jährigen Scotch Whisky kaufen.
Die Faszination mit limitierten und exklusiven Abfüllungen hat aktiv zu der jetzigen Krise beigetragen. Nicht die Produzenten, sondern wir, die Fans von hochgelobten Abfüllungen müssen in der jetzigen Situation umdenken. Während sich Irish Whiskey wie Jameson auch ohne Altersangabe gut verkauft, hat Scotch Whisky das Problem häufig auf die Länge seiner Lagerung reduziert zu werden - ein Irrtum, den wir mit unserem Kaufverhalten aktiv beeinflussen können.
Der Ardmore Highlands Single Malt Whisky beweist, dass Qualität nicht nur
vom Alter abhängig ist (Bild: Flickr/Mrs S.A)