Dracula – der Johannisbeer-Kirsch Likör mit herzhaftem Ingwer

Was ist Dracula Likör?
Zunächst begucke ich das Ganze völlig nüchtern und unter streng wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Der Dracula steckt in einer Flasche mit 7 Zentimeter Durchmesser und einer Höhe von nicht mal 30 Zentimetern. Das Volumen beträgt 700 Milliliter, was ich dank der Beschriftung ohne Taschenrechner herausfinden konnte. Außer der rötlichen Flüssigkeit befinden sich 24% vol in dem runden Glas-Pavillon, die bei Tageslicht allerdings nicht sichtbar sind. Der Inhalt besteht aus einer Mischung von Kirschen und Johannisbeeren, welche mit Ingwer-Aroma verfeinert wurde. Die Früchte haben sich dank der besonderen Eigenschaften der Flasche in eine Flüssigkeit verwandelt. Ansonsten besticht die formschöne Flasche durch den roten Deckel, ihre dünnwandige Durchsichtigkeit und der einfallsreichen Etikettierung, die noch Original aus dem Jahre 1982 stammen dürfte. Dracula kann man natürlich durch das Glas nicht sehen, da man Dracula durch Glas sowie in Spiegeln nicht sehen kann.
Warum Dracula zu Halloween trinken?
Nun ja, die Frage ist ungefähr so dumm als würde man fragen, warum man zu Halloween in Kürbisse Grimassen schnitzt oder warum manche in einem schwarzen Schlafanzug mit aufgemaltem Skelett durch die Stadt laufen. Aber merkst du selber, gell? Die Frage ist nämlich, wie man mit dem Dracula umgeht, wenn man erst mal den Deckel aufgedreht hat. Denn wenn man die geöffnete Flasche leicht kippt, strebt der transsilvanische Blutsauger durch die Öffnung am oberen Ende genauso schnell heraus, wie die Fledermäuse aus ihrer Höhle, wenn die Dämmerung hereinbricht. Wie zu erwarten, riecht es aus der Öffnung auch als hätte man den Sargdeckel nach 100 Jahren das erste Mal geöffnet. Also schon mal ein kleiner Tipp am Rande: Flasche nicht unnötig kippen und nicht mit rumwackeln.
Nachdem der Deckel eine Runde halbe Stunde offen ist, lässt der Geruch nach. Aber Dracula ist nicht herausgekommen und ich habe langsam Langeweile. So kippe ich vorsichtig ein kleines Stamperl mit dem roten Saft voll und nippe ein wenig dran. In der Tat ein recht kräftiger Tropfen, der nicht unbedingt nach dem Blut schmeckt, dass ich mir vom Finger lecke, nachdem ich mich beim Gurkenschneiden geschnitten habe. Ihr wisst schon, was ich meine. Zurück zum Thema. Langsam mache ich mir Gedanken, was ich falsch gemacht habe. Es ist halb eins, die Sonne schon vor Stunden hinter dem Horizont verschwunden, ich habe die Vorhänge zugezogen, die Tageslichtlampe meiner Freundin ausgemacht und alle Spiegel abgehängt. Trotzdem kommt der vermaledeite Dracula nicht aus der Flasche. Ich habe mir ein größeres Glas geholt und noch etwas Likör nachgegossen und blicke immer tiefer in das Glas hinein. Ob der Unsterbliche doch Gestorben ist?
Durch die Nacht mit Dracula
Irgendwann drückt die Blase und ich husche ins Bad. Beim Händchen waschen hebe ich den Kopf und blicke in die Leere. Also nicht wie sonst, sondern in einen richtig leeren Spiegel. Dem ersten Schreck darüber, dass ich nun offenbar selbst zum Dracula wurde, folgt die Erleichterung sich nie mehr meine fiese Visage angucken zu müssen. Fragend fasse ich in die Lücke meiner Schneidezähne und taste mich von dort zu den Eckzähnen vor. Wooooow…was für Hauer, wie beim Eber Waldi im städtischen Zoo. Das ist schon verdammt ärgerlich, dass ich das jetzt nicht sehen kann. Aber ich bin nicht auf den Kopf gefallen, gehe zurück ins Wohnzimmer, zücke mein Galaxy Note 7 vom Tisch und posiere zum Selfie. Fuck…fängt das Ding in meinen Händen Feuer und kaum konnte ich mich umsehen, stand die ganze Feinvelour-Couch lichterloh in Flammen. Mit einem todesmutigen Sprung aus dem Fenster meiner Parterre Wohnung rette ich mich und lerne dabei meine neue Fähigkeit kennen. Als Dracula kann ich selbstverständlich fliegen. Von da an drehe ich eine nach der anderen Runde in der Stadt und habe über Dächer in manches Fenster stibitzt, bis am fernen Horizont der Morgen graute.
Mein Fazit zum Dracula Likör
Anderntags bin ich wider Erwarten auf dem unversehrten Velour-Sofa aufgewacht. Als ich die waagerecht auf dem Tisch liegende und völlig entleerte Dracula-Flasche sah, war mir gleich klar, dass etwas nicht stimmte. Wo hat sich der transsilvanische Blutsauger versteckt? Ich guckte im Kleiderschrank nach, ich stöberte in den hintersten Ecken aller Schubladen und wagte gar einen Blick in meinen Fahrradkeller. Dracula blieb verschwunden. Die Nacht war schön…aber ich hatte mir etwas mehr davon erwartet. Nächstes Jahr feiere ich Halloween nicht alleine.