Wie steht es um Wodka Energy?
Blog Wodka, Vodka, Vodka Energy
Gerichtsurteile sind immer etwas Besonderes. Da gibt es zwei Positionen und ein unabhängiger Richter muss entscheiden, welche Seite denn nun im Recht ist. Dadurch, dass in einem Gerichtsverfahren oft Sachverhalte gelöst werden, die ohne das Gericht nicht geklärt werden konnten, ergibt sich schon von selbst eine gewisse Diskrepanz zwischen den beiden Standpunkten. Für den betrachtenden Zuschauer, der auf den Prozess schaut, erschließt sich nicht immer sofort die Argumentation der beiden Parteien.
Wer streitet da überhaupt?
Am 10. Juli 2012 wurde ein Urteil in einem für die Spirituosenindustrie, und auch für uns als Händler, äußerst spannenden Verfahren gefällt, welches nun immer weiter in die Industrie hineinwirkt. Dieser Prozess vor dem Oberlandesgericht Hamm wurde begonnen, nachdem gegen das am 10. Januar 2012 ergangene Urteil vom Landgericht Paderborn Berufung durch den Kläger eingelegt wurde.
Worüber wurde gestritten?
Doch worum dreht es sich denn nun überhaupt in diesem Verfahren? Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen Mitgliedern die wichtigsten Verbände der Spirituosenindustrie, wie auch der Bundesverband der Spirituosen-Industrie und –Importeure e.V., gehören. Angeklagt wurde ein Markenvertrieb, welcher unter anderen Three Sixty Vodka und Effect Energy zu seinen Marken zählen konnte. Streitgegenstand war ein Spezialgetränk, ein Gemisch aus beiden eben genannten Marken. Dieser als „Three Sixty Energy & Vodka“ vertriebene Artikel, darf nach Ansicht des Klägers nicht weiter so genannt werden. Sie argumentieren mit der Hailth – Claim – Verordnung (HCVO), wonach Alkohol nicht in Verbindung mit gesundheitsbezogenen Begriffen genannt werden darf.
Was sagt die angeklagte Seite?
Hier wird argumentiert, dass das Wort Energy nicht gleich zu setzen ist mit der deutschen Bedeutung Energie, die dann wiederum den Besitz besonderer Nährwerteigenschaften bedeuten würde. Dem Durchschnittsverbraucher wird unterstellt, dass dieser in der Lage ist zu erkennen, dass durch den Namen keine positiven Nährwerteigenschaften herausgestellt werden. Dem Verbraucher kann laut Angeklagtem unterstellt werden, dass er sich durchaus darüber bewusst ist, dass ein alkoholisches Getränk in Verbindung mit einem Energy-Getränk keinerlei positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat, sondern sich über die Gefahren einer solchen Mischung bewusst ist. Außerdem handelt es sich aus der Sicht der Angeklagten bei dem Begriff „Energy & Vodka“ nicht um die Beschreibung eines Wodkas, oder einer Art Wodka, sondern klar um ein Mischgetränk aus beiden Bestandteilen, nämlich Wodka und Energy-Getränk.
Wie argumentiert der Kläger?
Der Kläger setzt dem Ganzen entgegen, dass es ganz klar darum geht, mit Hilfe des Begriffs „Energy“ deutlich zu machen, dass es sich um ein Energie bringendes Getränk handelt. Damit handelt es sich um einen verbotenen Begriff, da dieser klar im Widerspruch zu der HCVO steht, die vorschreibt, dass solche gesundheitsbezogenen Begriffe verboten sind. Die Angabe „Energy“ enthalte nach Auffassung des Klägers die werbliche Aussage „macht wach und überwindet die Müdigkeit“, diese sei eng mit Energy-Getränken verknüpft.
Außerdem wird argumentiert, dass diese Begriffszusammensetzung nahe legen würde, dass es sich dabei um einen Wodka handelt, dieser müsste jedoch mindestens 37,5% vol haben, wobei das zur Debatte stehende Getränk lediglich 10% vol Alkohol aufweist.
Wie urteilen die Gerichte?
Das Landgericht Paderborn hat in seinem Urteil zu Gunsten der Angeklagten entschieden, woraufhin es, nach Berufung der Kläger, zu diesem Prozess am OLG Hamm kam. Hier wurde dann gegen den Angeklagten entschieden. Somit ist es unzulässig den Begriff „Vodka Energy“ im Zusammenhang mit Spirituosen zu benutzen. Allerdings wurde auch gegen dieses Urteil erneut Revision eingelegt, sodass dieser Prozess schließlich vor dem Bundesgerichtshof gelandet ist. Dort wiederum schloss man sich der Argumentation der Beklagten an und entschied schließlich dafür, dass das Produkt doch weiter als "Wodka Energy" vertrieben werden dürfte.
Die Richter vom Bundesgerichtshof argumentieren, dass Verbraucher, die sich für die Zusammensetzung der Spirituose interessieren, regelmäßig zunächst das Zutatenverzeichnis lesen. Aus diesem ist dann bereits erkenntlich, zu welchen Anteilen dieses Produkt aus Vodka und Enery-Drink besteht. Damit ist für den Verbraucher aus den Informationen ersichtlich, dass es sich um ein Mischgetränk handelt.
Entscheidend für das Urteil war auch, dass das Mischgetränk ausschließlich aus den zwei Bestandteilen Vodka und Energy-Drink bestand. Dadurch ist zwar der Alkoholgehalt auf 10% Volumen Alkohol gesunken, jedoch ist dies nicht als "Verdünnung" anzusehen, sondern eben als ein Effekt aus dem Mischprozess. Somit kann das Mischgetränk weiterhin die Verkehrsbezeichnung "Vodka" führen, ohne dass dies zu einem Problem mit der Spirituosenverordnung führt.
Was bedeutet das Urteil?
Die Dose, die Three Sixty Vodka und Effect Energy enthält, wird nicht mehr weiter als „Energy & Vodka“ beworben, sondern nun mit dem Markenlogo von Effect-Energy. Damit wird die Bezeichnung „Energy“ umgangen. Auch der „kleine Klopfer“, welcher immer als „Kleiner Klopfer Vodka Energy“ auf dem Etikett beschrieben wurde, hat einen neuen Namen erhalten: Nun heißt er „Kleiner Klopfer Top Speed“. Dies geschah vermutlich bereits vor dem Urteil des BGH, was diesen Schritt eigentlich überflüssig macht. Jedoch ist man mit diesen Bezeichnungen vor dem Oktober 2014 auf der sicheren Seite gewesen. Außerdem dauern Umstellungsprozesse häufig länger und sind schwer zu stoppen. Vermutlich wurde auch deshalb umgestellt trotz gegenteiligem Urteil.
Ob durch das Urteil wirklich eine Verbesserung für den Verbraucher hätte erreicht werden können, sei mal dahingestellt. Eher wenig Verbraucher dürften wohl geglaubt haben, dass sie ein gesundes Getränk trinken, wenn sie sich ein solches geholt haben. Nun ist der Verbraucher wohl eher bei der Suche überfordert und forscht lange nach dem Produkt, weil nun mal aus „Kleiner Klopfer Top Speed“ nicht wirklich schnell klar wird, um was für ein Getränk es sich dort handelt. Der Gesundheitsaspekt eines Energy-Getränks sollte wohl eher in Frage gestellt werden, als die Bezeichnung selbst. Auch deshalb ist das Urteil des Bundesgerichtshofs sehr zu begrüßen.
Spaß mit Flaschen