Eierlikör, Advocaat und Bombardino – der große Vergleich


Eierlikör gilt nicht gerade als Trendy – aber wenn es um Feiertage wie Weihnachten und Ostern, etwas Selbstgemachtes oder ein individuelles Geschenk geht, ist der cremige Likör immer noch Spitzenreiter. Unter den Likören gehört der Eierlikör neben dem Kräuterlikör zu den meistgekauften Produkten. Doch woraus wird Eierlikör hergestellt, auf was muss man beim Kauf achten, wie muss ich Eierlikör lagern und was unterscheidet einen Eierlikör vom Advocaat und Bombardino?

Inhaltsverzeichnis

Woher kommt der Eierlikör?

Der Eierlikör basiert auf dem brasilianischen Getränk Abacate, welches von den Ureinwohnern Tupi-Guarani bereits vor Ankunft der ersten Konquistadoren in Süd-Amerika getrunken wurde. Abacate wird aus dem reifen Fruchtfleisch der Avocados hergestellt. Später wurde der Abacate noch mit Rohrzucker und Rum verfeinert, was seine Beliebtheit unter den Seefahrern und seine Haltbarkeit für die Seefahrt deutlich steigerte. Das Getränk und auch die Avocado-Pflanzen wurden im Laufe des 17. Jahrhunderts von portugiesischen und niederländischen Seefahrern nach Europa verbracht. Doch die Pflanzen überstanden weder die lange Seefahrt noch das mitteleuropäische Wetter besonders gut.

Wer hat den Eierlikör erfunden?

In den Niederlanden und Belgien tüftelte man besonders intensiv an einem Ersatz für den Avocado-Likör und verbürgt ist die erste Rezeptur eines Eierlikörs von Eugen Verpoorten aus dem Jahre 1876. Das ausgerechnet Eier als Ersatz für Avocados dienten, liegt an der vergleichbaren cremigen Konsistenz. Um die Verbindung zwischen Eierlikör und dem brasilianischen Original zu dokumentieren, sind noch heute die Bezeichnungen Advocaat, Avocat und Advokat geläufig. Die Firma Verpoorten wird heute in fünfter Generation als Familienbetrieb geführt. Der inzwischen in Bonn ansässige Spirituosen-Hersteller hat im Segment Eierlikör einen Marktanteil von mehr als 80%.

Aus was wird Eierlikör hergestellt?

Die gesetzlichen Bestimmungen über die Herstellung von Eierlikör und Advocaat finden sich im Anhang II Nr. 41 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 vom 15. Januar 2008. (Eur-Lex Europa)

Basisalkohol:

  • Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs (Neutralalkohol) (z. B. Wodka)
  • Destillat (z.B. Korn)
  • Brand (z.B. Obstbrand oder Grappa)

 

Bestandteile:

  • Hochwertiges Eigelb (Mindestgehalt: 140g je Liter Fertigerzeugnis)
  • Hochwertiges Eiweiß
  • Zucker oder Honig (Mindestgehalt ausgedrückt als Invertzucker: 150 g je Liter Fertigerzeugnis)

 

Der Hinweis „hochwertig“ beim Eigelb und Eiweiß bezieht sich auf Geruch, Konsistenz und Farbe dieser Zutaten. Die Prüfung dieser Eigenschaften erfordert einen hohen Standard bei der Qualitätssicherung, denn bereits geringe Schwankungen von Farbe und Geruch einzelner Eier können einen fauligen Geruch oder ein unangenehme Färbung einer ganzen Charge verursachen.

Die Zugabe von Eiweiß ist nicht zwingend erforderlich, lässt sich aber bei der Abtrennung vom Eigelb nicht vollständig verhindern. Durch die Zugabe von Eiweiß kann die Emulsion des Likörs verbessert werden.

Aromatisierung:

  • Natürliche Aromastoffe und Aromaextrakte
  • Naturidentische Aromastoffe und Aromaextrakte

 

Zusatzstoffe im EierlikölrEierlikör kann aromatisiert werden.

Mögliche Zusatzstoffe:

  • Farbstoffe
  • Emulgatoren
  • Stabilisatoren
  • Verdickungsmittel

 

Im Übrigen gilt der Migrationsvorbehalt gemäß Artikel 18 LMZV, so dass in den Zutaten (z.B. Sahne) zulässige Zusatzstoffe, auch im fertigen Eierlikör zulässig sind. Mehr Informationen zu den Zusatzstoffen sind Sie hier.

 

 

Unterschied zwischen Eierlikör und Bombardino

Bombardino und Eierlikör im VergleichDie Wurzeln des heutigen Bombardino haben sich unabhängig vom Eierlikör in Italien entwickelt. Die erste Rezeptur für den Bombardino aus dem Jahr 1845 stammt von einem Bäcker aus Padua, der bei der Herstellung von weißem Nougat große Mengen an Eigelb übrig hatte. Durch die Mischung mit Marsala, Rum und Zucker hat der Konditor Battista Pezziol ein schmack- und nahrhaftes Getränk erfunden, welches länger haltbar und sehr gehaltvoll war.

Grob gesagt ist der Bombardino eine Mischung aus 1/3 Eierlikör, 1/3 Rum/Whisky/Grappa und 1/3 Sahne. Bedingt durch die Mischung mit Rum, Whisky oder Grappa und Sahne ist der Gehalt an Eigelb meist deutlich geringer als beim klassischen Eierlikör. Der Bombardino enthält fast immer weniger als 140 g Eigelb je Liter Fertigerzeugnis. Sofern der Bombardino mindestens 70 g Eigelb je Liter Fertigerzeugnis enthält und einen Mindestalkoholgehalt von 15% vol aufweist, darf er sich Likör mit Eizusatz (Liquore all’Uovo) nennen. Erreicht der Bombardino selbst diesen Mindeststandard nicht, handelt es sich um einen einfachen Likör.

Die wichtigsten Unterschiede zwischen Eierlikör und Bombardino sind somit der Gehalt an Eigelb, die Rezeptur und die historische Herkunft.

Mehr Informationen zum Bombardino gibt es hier

Auf was muss man beim Kauf achten?

Qualität der Eier

Bei den Zutaten besonders interessant ist natürlich die Herkunft der Eier. Früher haben viele Hersteller mit der Herkunft der Eier aus Bodenhaltung geworben. Nach Abschaffung der Käfighaltung ist die Bodenhaltung die einfachste Form der Hühnerhaltung. Ein besseres Tierwohl wird bei der Freilandhaltung und der Bio-Haltung gewährleistet. Auch die Verwendung von Eiern aus KAT-geprüfter Boden-, Freiland- oder Bio-Haltung gewährleistet ein besseres Tierwohl als die gleichnamigen Haltungsformen auf Basis der gültigen EU-Richtlinien.

Mehr Informationen zur KAT-Prüfung

Aromen, Farb- und Zusatzstoffe

Eierlikör muss laut Art. 16 Abs. 4 der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) nicht mit einer Zutatenliste versehen werden. Diese Regelung ruft bei Verbraucherschutzverbänden regelmäßig Kritik hervor. Einige Hersteller machen daher freiwillig Angabe über die Zutaten. Die Zutatenliste muss dann aus einer Aufzählung der Zutaten in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung bestehen.

Dem Eierlikör dürfen natürliche und naturidentische Aromastoffe und Aromaextrakte zugesetzt werden. Naturidentische Aromen sind chemisch identisch, werden aber nicht oder nur zum Teil aus natürlichen Stoffen gewonnen. Die Kennzeichnung von Aromen ist nicht erforderlich. Sofern allerdings mit einem „natürlichen Aroma“ geworben wird, dürfen keine naturidentischen Aromen verwendet werden.

Die im Eierlikör zulässigen Zusatzstoffe Emulgatoren, Stabilisatoren und Verdickungsmittel sind als solche nicht kennzeichnungspflichtig, müssen aber in einer freiwillig angebrachten Zutatenliste genannt werden.

Von der Kennzeichnungspflicht der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung werden allerdings Farbstoffe im Eierlikör erfasst, deren Vorhandensein unabhängig von einer Zutatenliste auf jeden Fall kenntlich zu machen ist.

Allergene

Von den in Anhang II der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) genannten Allergenen kommen bei Eierlikör insbesondere Eier, Schalenfrüchte (Nüsse) und Milchprodukte in Frage. Diese sind unabhängig von einer Liste der Zutaten kenntlich zu machen. Sofern eine Zutatenliste freiwillig angebracht wurde, sind Allergene in dieser Liste durch Schriftart, Unterstreichung oder Großbuchstaben besonders kenntlich zu machen. Die Allergene sind aber auch dann zu kennzeichnen, wenn keine Zutatenliste auf dem Etikett gedruckt wurde. Einzige Ausnahme sind Eier, auf deren Vorhandensein bereits durch die Bezeichnung des Lebensmittels als Eierlikör geschlossen werden kann. Daher kann bei der Aufzählung der Allergene auf die Nennung von Eiern verzichtet werden, sofern das Vorhandensein des Allergens bereits aus der Bezeichnung des Lebensmittels hervorgeht.

Alkoholgehalt

Der Mindestalkoholgehalt von Eierlikör beträgt 14% vol und ist damit der niedrigste zulässige Alkoholgehalt aller Spirituosen. In aller Regel bewegt sich der Alkoholgehalt allerdings zwischen 15% vol und 20% vol. Die Höhe des Alkoholgehaltes beeinflusst die Haltbarkeit und den Geschmack des Eierlikörs.

Herkunft

Neben den industriell gefertigten Marken-Likören gibt es auf Wochenmärkten oder in Hofläden zahlreiche Eierliköre, welche aus handwerklicher Fertigung stammen und in Eigenregie regional vermarktet werden. Oft werden hierfür Eier aus eigener Produktion oder von einem lokalen Erzeuger verwendet. Die Qualität der Zutaten ist mitunter erheblich höher als der Produkte aus industrieller Fertigung, unterliegt aber auch deutlichen Schwankungen in Bezug auf den Gehalt an Eigelb und Alkohol. Für viele Liebhaber von Eierlikör ist die Regionalität des Produktes ein besonderes Kaufargument.

Die Zubereitung von Eierlikör unterscheidet sich regional stark. In Süddeutschland und Österreich stellen viele Brennereien Eierlikör auf Basis von Obstbrand her. In Italien wird der Eierlikör ebenfalls als Advocaat bezeichnet, während der Likör mit Eizusatz als Liquore all’Uovo bezeichnet wird. Manche italienische Hersteller verwenden als Basis den Tresterbrand Grappa. Ebenfalls aus Italien stammt der Bombardino – ein Eierlikör der mit Rum verfeinert wird. In Norddeutschland und in den Niederlanden wird der meiste Eierlikör auf Basis von Vodka oder Korn produziert, der meist keinen eigenen Geschmack einbringt.

Lagerung, Haltbarkeit, Hygiene und Salmonellen

Der Eierlikör muss nicht mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen werden. Wie bei allen anderen Spirituosen ergibt sich diese Erleichterung für die Hersteller aus dem Anhang X Nr. 1 Buchstabe d der Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV). Viele Hersteller empfehlen, den Eierlikör nach dem Anbruch gut verschlossen im Kühlschrank aufzubewahren und innerhalb von sechs Monaten aufzubrauchen. Auch ungeöffneter Eierlikör sollte an einem kühlen, dunklen Ort aufbewahrt werden und stets vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden. Wird die Lagerzeit überschritten oder steht der Eierlikör doch mal in der Sonne, besteht keine unmittelbare gesundheitliche Gefahr. Lediglich der Geschmack des Likörs leidet unter einer falschen oder zu langen Lagerung.

Ein geöffneter Eierlikör verliert mit der Zeit generell an Geschmack und dies auch, wenn der Deckel auf der Flasche gut verschlossen ist. Einerseits diffundieren durch den Deckel immer geringe Mengen an Sauerstoff und andererseits ist die Kontaktfläche einer angebrochenen Flasche zwischen dem Likör und dem Sauerstoff bedingt durch die bauchige Flaschenform immer größer als bei einem randvollen Eierlikör, bei dem eine Reaktion zwischen Likör und Sauerstoff auf den schmalen Flaschenhals beschränkt bleibt.

Durch die Reaktion mit Sauerstoff verflüchtigen sich die Aromen des Eierlikörs. Diese Reaktion beschleunigt sich durch Wärme und Sonneneinstrahlung. Insbesondere durch Wärme verliert der Likör auch Alkohol, weswegen man Eierlikör niemals über längere Zeit direkter Sonneneinstrahlung oder einer Wärmequelle aussetzen sollte. Letztlich ist es der Verlust an Alkohol, der zu einem hygienischen Problem werden kann. In Eierlikör mit 14 % vol Alkohol oder mehr sind Salmonellen und andere Bakterien schlicht nicht überlebensfähig. Sinkt die Alkoholkonzentration aber ab, besteht durchaus die Gefahr einer Salmonellose. Neben unsachgemäßer Lagerung sind die fehlerhafte Herstellung und ein zu geringer Alkoholgehalt bei selbstgemachtem Eierlikör die häufigsten Ursachen. Wenn bei der Herstellung keine ausreichende Verbindung zwischen Eiern und Alkohol erreicht wurde, kann sich die Emulsion während der Lagerung voneinander trennen, der Alkohol setzt sich ab und in dem verbleibenden Gemisch aus Ei und Zucker ist die Alkoholkonzentration so gering, dass sich Salmonellen bilden können. Diese Gefahr ist bei Eierlikör aus industrieller Produktion so gut wie ausgeschlossen.

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