Mezcal – was ist das eigentlich?
Beim Mezcal müssen viele Genießer passen. Wer Mezcal ausschließlich mit einem Wurm assoziiert oder bislang nur Mezcal aus industrieller Massenproduktion getrunken hat, der darf sich auf eine angenehme Überraschung freuen. Und alle, die bereits ein wenig mit dem Bruder des Tequila vertraut sind, können hier noch viele wissenswerte Dinge erfahren.
Inhaltsverzeichnis
- Mezcal - eine Einführung über das mystische Goldwasser der Azteken
- Vom mystischen Getränk zum Handelsgeschäft
- Der Agaven-Krieg
- Mezcal und der Wurm
- Die Geschichten um den Mezcal – Wurm
- Die Ernte der Gusano - Raupen
- Mezcal - was ist das eigentlich?
- Der Mezcal als Wirtschaftsfaktor
Mezcal - eine Einführung über das mystische Goldwasser der Azteken
Mezcal ist der übergreifende Begriff für alle Spirituosen aus Agave. Das Wort ist eine Zusammensetzung der aztekischen Worte „metl“ (=Agave) und „ixcalli“ (Kochen, Backen). Aus den Agaven wurde schon Jahrhunderte vor dem Eintreffen der Spanier durch Fermentation der Pulque gemacht. Dessen Alkoholgehalt ist in etwa mit dem von Bier vergleichbar und brachte die Spanier wohl auf die Idee, daraus ein stärkeres Getränk zu destillieren. Obwohl archäologische Befunde belegen, dass die ersten Brennöfen erstaunliche Ähnlichkeit mit entsprechenden Öfen auf den Philippinen haben, sind doch die meisten Wissenschaftler davon überzeugt, dass die Destillation erst 20 bis 30 Jahre nach Ankunft der Konquistadoren Einzug in die Neue Welt gefunden hat. Fakt ist jedenfalls, dass sich die Produktion und Qualität von Mezcal mit der Einführung der klassischen Alambic Brennkolben aus Kupfer deutlich erhöhte. Obwohl die Spanier dem Alkohol generell sehr zugetan waren, bevorzugten sie eher den aus Zuckerrohr gebrannten Rum. Ein Grund dafür, dass sich beim Mezcal bis heute die überwiegend familienbasierten Strukturen erhalten konnten. Domingo Lazaro de Arregui erwähnte 1621 den Mezcal das erste Mal schriftlich: „Mezcal ist klarer als Wasser und stärker als Moonshine.“
Vom mystischen Getränk zum Handelsgeschäft
Mezcal ist besonders eng mit dem Mythen, lokalen Legenden und Ritualen der Einheimischen verbunden. Ob eine Hochzeit, eine Taufe, ein Festival oder Dorffest und selbst eine Beerdigung – kein Ritual bei dem Mezcal keine entscheidende Rolle spielen würde. Und obwohl der Agavenbrand bereits seit fast 500 Jahren in Mexiko gebrannt wird, begann erst vor etwa 100 Jahren ein kommerzieller Handel. Gemessen an dieser Entwicklung, befindet sich Mezcal derzeit nicht auf der Überholspur, sondern auf einem Katapult. Seit Mitte der 1990er Jahre wurden zahlreiche Regulierungen zum Mezcal verabschiedet. Die Qualität der Produkte hat sich deutlich verbessert, die Bandbreite an Mezcal wurde ausgebaut und das Produktimage hat sich langsam aufgewertet.
Der Agaven-Krieg
Der große Bruder Tequila machte dem Mezcal aber mehr als einmal zu schaffen. Um die Jahrtausendwende gipfelte der stets schwelende Streit zwischen beiden Agavenbränden in einem Aufstand der Mezcal-Bauern. Die Tequila-Produzenten haben in dem Bundesstaat Oaxaca die Agavenbestände zum doppelten bis dreifachen Preis aufgekauft. Tonnen von Agaven wurden per LKW aus Oaxaca nach Jalisco in die Tequila-Brennereien verschleppt. Am 3. Dezember 1999 kam es in der Hauptstadt von Oaxaca schließlich zur größten Demo der Mezcal-Bauern und der Gouverneur hat um eine Vermittlung der Regierung auf nationaler Ebene gebeten. Im April 2000 haben die Bauern schließlich zur Eigeninitiative gegriffen und die LKWs mit den Agaven blockiert. Angeblich sollen Produzenten 15.000 LKW-Ladungen Agaven aus Oaxaca abtransportiert haben. Die Kammer der Mezcal-Produzenten hat ausgerechnet, dass die Tequila-Brennereien 70.000 Tonnen Agaven aus Oaxaca abtransportiert hätten. Viele davon waren gar keine blauen Weber-Agaven und dürften deshalb für die Tequila-Produktion gar nicht verwendet werden. So mussten das Consejo Regulador del Tequila dem Wildern der Tequila-Hersteller ein Ende setzen.
Mezcal und der Wurm
In zahlreichen Mezcal-Varianten befindet sich eine Schmetterlingsraupe der Dickkopffalter oder der Holzbohrer. Die Raupen erinnern natürlich auf den ersten Blick an einen Wurm und so wird die Raupe auch in Mexiko als Gusano (Wurm) bezeichnet. Oft sind Agaven von diesen Raupen befallen.
Holzbohrer (Gusano Rojo)
- lebt in den Wurzeln und Herzen der Agave.
- Wird auch als „Chinicuil“ bezeichnet
- Hat eine rote Färbung die im Mezcal ausbleicht
Dickkopffalter (Gusano de Maguey)
- lebt auf den Blättern der Agaven
- Wird auch als „Gusano de Oro“ bezeichnet
- Seine goldene Färbung wird im Mezcal zu grau
Abbildung 1: Von Andy Sadler (http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Gusanos.jpg) - Eigenes Werk, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1217838 |
Besonders der „Gusano Rojo“ wird von den Agaven-Bauern nicht besonders gerne an den Pflanzen gesehen, denn er kann erheblichen Schaden anrichten. Die Raupen gelten vielen Mexikanern als ein nährstoffreicher Snack. Auf nahezu jedem regionalen Markt werden „Gusanos“ angeboten. Die etwa 2-3 Zentimeter langen Raupen werden nach dem Sammeln gereinigt und für mehrere Monate in Wasser, Alkohollösung oder gar Mezcal eingelegt. Dabei lösen sich Fette und Aromen, die den Mezcal auf der Flasche sonst ungenießbar machen würden. In Mexiko hängt an der Flasche manchmal ein kleiner Beutel mit getrocknetem Wurm-Salz, dem Sal de Gusano. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus gerösteten und pulverisierten Gusano mit Chilipulver und Salz. Mit frischer Zitrone oder Limette ist diese Gewürzmischung sehr aromatisch und eine außergewöhnliche Ergänzung zum Mezcal. Allerdings sind weder der Gusano, noch die Zitrone und das Salz eine traditionelle Ergänzung des Agavenbrandes. Zumindest ist das Sal de Gusano inzwischen Teil der typisch mexikanischen Trinkkultur rund um Mezcal & Tequila, welche in Deutschland zumindest bei Tequila auf Salz und Zitrone gekürzt wurde.
Die Geschichten um den Mezcal – Wurm
Mythen und Legenden ranken sich so dicht um die kleine Raupe, dass deren wahrer Hintergrund kaum noch zu ergründen ist. Angeblich soll bereits die Priester der Azteken den Gusano zum Pulque (fermentierter Agavensaft) gereicht haben. Andere sagen, dass mit dem Wurm der Alkoholgehalt des Mezcals in einer Zeit getestet wurde, wo vielerorts minderwertige Brände ausgeschenkt wurden. Hat der Gusano das Bad im Mezcal überlebt, war der Alkoholgehalt zu gering. Andere behaupten, dass der Mezcal-Wurm eine aphrodisierende Wirkung hätte und deswegen im Glas gelandet sei. Der Gusano selbst ist harmlos, besteht zum größten Teil aus Proteinen und Fetten, enthält weder psychotrope noch psychedelische Inhaltsstoffe und eignet sich auch nicht als Aphrodisiakum. Manche Hersteller behaupten, die Raupe im Mezcal wäre geschmacksneutral und andere sagen dem Gusano positive geschmackliche Eigenschaften nach. Fest steht allerdings, dass der Wurm in der Flasche für den europäischen Geschmack eher abstoßend wirkt, während für den asiatischen Geschmack nicht genug Würmern in der Flasche sein könnten. In Japan, Thailand und China sind Abfüllungen mit bis zu fünf Würmern je Flasche ein besonders Highlight. Der „moderne“ Mezcal-Wurm geht auf den Kunststudenten Jacobo Lozano Páez zurück, der in den späten 1940er Jahren in dem Spirituosengeschäft „La Minita“ in Mexiko-Stadt an einer Mezcal-Abfüllanlage arbeitete. Dabei kam ihm die Idee, in jede Flasche eine Raupe zu geben. Die Raupe schlägt einerseits einen Bogen zu der ökologischen Beziehung zwischen Agave und dem Mezcal und andererseits bleibt genug Spielraum für Legenden und Mythen rund um den Gusano. Einige Brennereien behaupten sogar, dass sie ausschließlich Raupen verwenden, die auf den eigenen Agaven-Plantagen geerntet wurden.
Einen besonders lesenswerten Artikel rund um den Wurm hat Philip Reim im Blog EyeforSpirits.com am 22. Juli 2016 veröffentlicht. Darin stellt er zusätzlich die These in den Raum, dass die Raupe ursprünglich als Unterscheidungsmerkmal zwischen Tequila und Mezcal diente. Während des 2. Weltkrieges war der Bedarf an mexikanischen Bränden in den USA stark angestiegen, da der Nachschub an Whisky und Weinbrand aus Europa quasi versiegte. So wurden die Amerikaner aus Mexiko nicht nur mit Tequila, sondern auch mit Mezcal beliefert. Die Unterschiede waren den amerikanischen Verbrauchern aber nicht bewusst und es hagelte Beschwerden über den vermeintlich schlechten Tequila. Dies führte dazu, dass einige Importeure ein Unterscheidungsmerkmal forderten. Die Mezcal Abfüller haben dann mit der Schmetterlingsraupe reagiert.
Die Wahrheit über den Wurm im Mezcal wird wohl irgendwo dazwischen liegen. Wenn die Raupen in Mexiko kein vertretbares Lebensmittel wären, würde man sie trotz des Marketinggags oder der Unterscheidungskraft nicht in den Mezcal geben. Sal de Gusano (aus gerösteten Raupen) und Sal de Chapulín (aus gemahlenen Heuschrecken) sind in Mexiko typische Beigaben zum Mezcal. Hierzulande wirken solche Gewürze auf den ersten Blick ähnlich abstoßend, wie die Raupe in der Flasche.
Wie unterschiedlich die Reaktionen auf den Mezcal Wurm ausfallen, kann man sich hier ansehen:
Die Ernte der Gusano - Raupen
Die beste Erntezeit ist die Regenzeit von Juni bis September. Dann können die Raupen aus ihren Höhlen in den Agaven und können einfach eingesammelt werden. Oft muss aber mit einem scharfen Dorn in den langen Gängen herumgestochert werden, in welchen sich die Raupen durch die Agaven hindurch gefressen haben, um diese aus ihren Verstecken herauszulocken. Natürlich dürfen die Pflanzen dabei nicht beschädigt werden. In einer Pflanze leben 200 bis 500 Gusano und mit einem Preis von 0,20 bis 0,40 US-Dollar je Wurm lässt sich für mexikanische Verhältnisse ein stattlicher Verdienst erzielen. Wie bereits erwähnt dienen die proteinreichen Würmer zum größten Teil als Lebensmittel, welches frisch auf Wochenmärkten angeboten wird. Nur der kleinste Teil der Würmer geht in die Mezcal-Produktion. Gleichwohl oder gerade deswegen gibt es auch Wurmdiebstahl auf vielen Agavenplantagen. Viele Farmer stellen deshalb in der Regenzeit Personal ab, um die Felder zu bewachen. Denn die Wurm-Ernte ist für viele Mezcal-Bauern ein notwendiges Zubrot. Auf der anderen Seite dürfen die Bestände an Raupen auch nicht übererntet werden, um deren Fortbestand zu sichern.
Mezcal - was ist das eigentlich?
Mezcal ist wohl die ursprünglichste Spirituose Mexikos. Der Produktionsprozesse für alle Arten von Agavenbränden war bis Mitte des 19. Jahrhunderts identisch. Erst dann begannen die Produzenten im Bundesstaat Jalisco die Agavenköpfe in gemauerten Öfen zu backen, während man andernorts und bei den Mezcal-Bauern bis heute noch die Agavenherzen in den Gruben backt. Wie ein Cognac ein Weinbrand ist, der aus einer bestimmten französischen Region stammt, ist ein Tequila ein Mezcal, der aus einer bestimmten mexikanischen Region stammt. Im Tequila wird man allerdings niemals einen Wurm finden und dieser wird ausschließlich aus der Blauen Weberagave gebrannt. Für Mezcal darf man hingegen 28 verschieden Agaven-Sorten verwenden, wobei die Espadin-Agave mit Abstand die größte Bedeutung hat. Durch die Mischung von Agavensorten besteht aber die Möglichkeit, eine Palette von Aromen im Mezcal abzubilden. Inzwischen ist Mezcal eine geschützte Herkunftsbezeichnung. Der mit Abstand größte Teil der Produktion stammt aus dem südlichen Bundesstaat Oaxaca. Die Region ist strukturschwach und entsprechend wichtig ist das Einkommen aus dem Agavenbrand. Die Betriebe sind klein, familiengeführt und beschäftigen in der Regel keine Angestellten. In Mexiko gibt es noch weitere Agavenbrände, welche aber außerhalb der bestimmten Anbauregionen produziert werden:
- Chichihualco aus Chichihualco de los Bravos im Bundesstaat Guerrero
- Excommun aus dem Bundesstaat Michoacan
- Lechugilla aus wilden Agaven in den Bundesstaaten Sonora, Puebla und Chihuahua
- Tuxca aus Tuxcacuesco im Bundesstaat Jalisco
- Petaquillas ein Getränk aus Mezcal, Orangensaft und Zimt aus dem Bundesstaat Guerrero
Der Mezcal als Wirtschaftsfaktor
Etwa 35.000 Familien leben im Bundesstaat Oaxaca direkt oder indirekt vom Mezcal. Die Agaven sind relativ anspruchslose Pflanzen, benötigen keine Bewässerung und wachsen auch dort, wo weder eine Beweidung möglich wäre, noch eine andere Kulturpflanze gedeihen würde. Auf einer typischen Plantage stehen je Hektar etwa 1.000 bis 2.000 Agaven in einem Abstand in der Reihe von 2 Metern und zwischen den Reihen von 3,5 Meter. Die Pflanzdichte ist damit deutlich geringer als auf den Plantagen in Jalisco, dem Tequila-Bundesstaat. Viele Mezcaleros produzieren nur wenige hundert Liter je Monat. Der Agavenbrand ist in vielen Fällen nur für den lokalen Bedarf und kommt niemals in den Handel. Trotzdem haben die Preise und damit die Erlöse aus dem Mezcal in den letzten zehn Jahren deutlich angezogen, so dass die schwere körperliche Arbeit von der Ernte bis zum fertigen Mezcal für viele Betriebe wieder an Attraktivität gewonnen hat.
Linktipps
- https://www.crt.org.mx/ - Consejo Regulador del Tequila
- Die Produktion von Mezcal
- Mezcal richtig trinken
- Tequila und Mezcal - Unterschiede und Gemeinsamkeiten
- Tequila - Der mexikanische Klassiker
- Tequila Qualität - der große Vergleich
Danke für Ihren Besuch
Hat Ihnen unser Beitrag über den Mezcal geholfen? Haben Sie Anmerkungen oder haben wir einen Fehler gemacht? Möchten Sie, dass wir uns mit einer anderen Spirituose ausführlich beschäftigen? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.